Faire Handys, Tablets und Notebooks: Es gibt sie!
Alles fing vor einigen Jahren mit der ersten nachhaltigen Computer-Maus
an. Drei Jahre lang wurde diese entwickelt, bevor sie schließlich 2012 auf den Markt kam. Im Mai 2013 folgten erste faire Handys des Unternehmens Fairphone. Ein Jahr später kam mit dem Shiftphone ein weiteres nachhaltiges Handy auf den Markt. Momentan entwickeln die Gründer der SHIFT GmbH das Tablop – das voraussichtlich erste nachhaltige Tablet und Notebook in einem.
Die erste nachhaltig produzierte Maus 2012 war eine große Neuheit. Aber was ist an herkömmlichen Mäusen, Laptops oder Handys eigentlich unnachhaltig?
Faire Handys – was steckt drin?
In fast jedem technischen Gerät stecken Elemente, die nur in bestimmten Regionen auf der Erde vorkommen. Viele davon müssen in Schwerstarbeit in Minen abgebaut werden. Dazu gehören Metalle und Seltene Erden. Beispiele dafür sind Kobalt und Coltan. Kobalt steckt beispielsweise in den Lithium-Ionen-Akkus, die modernen Smartphones eine lange Batterielaufzeit ermöglichen. In vielen Abbauregionen – beispielsweise im Kongo – herrschen kaum bis keine Arbeitnehmerrechte, noch gibt es Gewerkschaften, die diese umsetzen könnten. Dadurch sind viele Arbeiter gezwungen, sich starken gesundheitlichen Gefahren auszusetzen. Das können unzulängliche Sicherung in Minenschächten sein oder die Gefahr schwerer Lungenerkrankungen aufgrund von Kohlestaub. Auch Kinderarbeit ist in diesem Geschäft nicht selten, da ein Kind leichter in schmale Schächte kriechen kann als ein ausgewachsener Mann.
Wer um die Umstände des Kobalt-Abbaus besser Bescheid wissen möchte, dem sei diese Tagesschau-Reportage nahegelegt.
Wer bei bekannten Elektrogeräte-Herstellern nachfragt, woher die verwendeten Materialien stammen, erhält meist keine Antwort. Die Unternehmen schützen sich gerne durch Unwissen bzw. beauftragen andere Unternehmen mit der Beschaffung, um eine weiße Weste zu behalten. Diese beauftragen wiederum andere Unternehmen usw., sodass eine Nachverfolgung der Produktionskette schier unmöglich wird.
Genau diesem Konzept stellen sich Produzenten nachhaltiger Elektrogeräte entgegen. Sie legen ihre Lieferkette offen und achten auf oder sorgen sogar für faire Arbeitsverhältnisse in den Bezugsquellen.
Faire Handys vs. geplante Obsoleszenz
Ein weiterer Aspekt der Nachhaltigkeit ist die Langlebigkeit und Reparierbarkeit der Geräte. Viele Menschen haben sich an den Rhytmus gewöhnt, sich etwa einmal im Jahr ein neues Smartphone zu kaufen. Warum auch nicht, denn Hersteller wie Apple und Samsung suggerieren dies schließlich durch das regelmäßige Herausbringen neuer, noch modernerer Geräte. Was da an Material verbraucht und geradezu verschwendet wird, ist dem Konsumenten meist gar nicht bewusst oder schlicht egal.
Was weniger bekannt ist, ist das Prinzip der geplanten Obsoleszenz. Das bedeutet, dass eben diese großen Hersteller bewusst Materialien in ihren Geräten verbauen, die keine lange Lebzeit besitzen. So wird der ohnehin willige Konsument dazu gebracht, sich regelmäßig mit neuen Geräten einzudecken, da die kaputten Teile meist auch noch schwer zu reparieren sind.
Auch hier setzen nachhaltige Elektronikhersteller an, um solcher Materialverschwendung entgegenzuarbeiten. Das Fairphone zum Beispiel ist modular aufgebaut – ein Display-, ein Kamera-, ein Kern-, ein Top- und ein Bottommodul sowie ein Akku, und bei Bedarf alle einzeln und einfach austauschbar.
Die SHIFT GmbH nimmt ein Gerätepfand von 22€, das bei Rückgabe des Telefons, intakt oder beschädigt, ausgezahlt wird. Das ist gleich doppelt nachhaltig, da sie damit noch funktionierende Teile und Materialien für neue Telefone wiederverwenden und gleichzeitig für eine adäquate Entsorgung der Wertstoffe sorgen können – was auch ein großes Problem löst, da viele Menschen ihre Elektrogeräte einfach in den Hausmüll werfen, anstatt ihn angemessen zu entsorgen.
Faire Handys – Die Zeit ist gekommen
Es gibt also genügend Gründe, auf faire Handys zurückzugreifen. Sie sind weder teurer als ein iPhone, noch stehen sie in Sachen Betriebssystem einem Samsung nach. Einzig mit der Stabilität eines Nokia Gerätes können sie es nicht aufnehmen, aber das schafft ohnehin kein Smartphone, höchstens eines mit Chuck-Norris-Legierung.
Wir sind an einem Punkt in der Geschichte angelangt, an dem wir die Verbrechen multinationaler Konzerne gegenüber wirtschaftlich schwach aufgestellten Ländern sowie unserer Umwelt nicht mehr ignorieren können. Der erste Schritt ist, die Zusammenhänge zu verstehen – wenn deutsche und generell westliche Unternehmen in wirtschaftlich schlechter aufgestellten Regionen die Menschen ausbeuten und die Wirtschaft klein halten, dann haben nur wir die Möglichkeit, etwas dagegen zu tun: Darüber sprechen, unseren Unmut äußern und, wenn das Unternehmen nicht reagiert, boykottieren. Und eine nachhaltige Alternative suchen, wie etwa faire Handys.
Natürlich ist das nicht der einzige Weg. Solares Bauen für mehr Energieeffzienz in den eigenen vier Wänden oder nachhaltige Kleidung sind nur zwei weitere Beispiele dafür, wie vielfältig das Thema Nachhaltigkeit ist.
Gastautorin: Dieser Beitrag wurde von Julia verfasst. Sie ist als Freelancerin im Online Marketing tätig und bloggt auf "Der Veg ist das Ziel" über ein nachhaltiges Leben und köstliches gesundes Essen. Sie ist außerdem Gründerin von Evergreen Ideas.
1 Kommentar
Elmar
Toll! Ich hab das Taplop von SHIFT schon länger im Auge, als möglicher Nachfolger meines aktuellen Laptops. Bei Vorbestellungen bin ich leider vorsichtig geworden, was defekte und vorreife Produkte angeht, weil ich keine Erfahrung mit SHIFT habe bisher (ein Smartphone besitze ich gar nicht erst), obwohl ich das absolut unterstützenswert finde, was die mache (vielleicht bestelle ich mir deshalb doch noch was vor).
Dieses Problem der Elektronik-Herstellung ist schon alt, ist bei weitem nicht nur auf Elektronik beschränkt, und eigentlich unglaublich, dass es da bis heute fast keinen vernünftigen sozialen/ökologischen Fortschritt zu gibt, sondern eigener Profit oder Reichtum wichtiger als das Leben anderer ist. Aber wer weiß, vielleicht kommt in ein paar Jahren jemand und wird endlich ökofair nachhaltige Unterhaltungselektronik wie Spielekonsolen auf den Markt bringen. Scheinbar schert sich die aktuelle Zielgruppe so gut wie gar nicht darum, was die aktuellen Spielekonsolen sozial, ökologisch und politisch für die Welt bedeuten, aber wenn es eine gute Alternative gäbe, die auch in ihrem philosophischen Kern auch noch Demokratie stützt mit Mitbestimmung und Offenheit statt durch gezielte Intransparenz reichtumsgesteuerte Plutokratie zu fördern und wenn die dann neuen Content, Community- und Fan-Integration möglich macht, auch in Hinblick auf einen offenen, ethischen und kostenfreien statt "freien" *Prosumer*-Markt, auf dem wir durch eigene Ideen und legale authorisierte Game-Mods fast Etsi-ähnlich eigenes Geld verdienen könnten, ich glaub, dann könnten auch andere Leute angezogen werden, anstatt nur aktuelle un-ethischen Möchtegern-Macho-Gamer, die den Unterschied zwischen Gameplay, Story und Grafik nicht verstehen. Die Zielgruppe wäre immernoch nicht so groß wie die aktuellen Konsolen, aber es muss ja keine kritische Masse sein, wenn man solche Alleinstellungsmerkmale besitzt.
Das kann aber nur funktionieren, wenn ein Unternehmen philosophisch von den Werten direkt dahinter steht, für eine andere Wirtschafts- und Lebensweise steht (so wie SHIFT halt), anstatt es hauptsächlich für Profitgründe zu machen ansonsten beißt sich die Katze in den Schwanz.
Noch cooler wäre ja, wenn dieses Konsolen-Unternehmen dann eine Kooperation mit SHIFT machen würde, um mit SHIFT-Laptops oder SHIFT-Phones kombiniert werden zu können zu einem "Game-top" oder "Game-Phone" zu bekommen.