Heute für Morgen bauen mit dem DGNB System

Gerne wird dem Begriff der „Nachhaltigkeit“ nachgesagt, er wäre zu beliebig. Heute sei ja alles irgendwie nachhaltig. Umso wichtiger ist es, das Konzept der Nachhaltigkeit für die verschiedensten Bereiche und Branchen, in denen er verwendet wird, zu schärfen.

Gastbeitrag von Dr. Stephan Anders, DGNB e.V.

Wie dies gelingen kann, macht der Bau- und Immobiliensektor in Deutschland vor. So taten sich vor gut 10 Jahren führende Akteure aus allen Bereichen der Branche zusammen, um etwas anzustoßen. Architekten und Planer, Projektentwickler und Investoren, Bauproduktehersteller, Hochschulen und viele weitere Stakeholder gründeten 2007 die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, kurz DGNB. Als Non-Profit-Organisation hat sich der Verein mit seinen heute rund 1.200 Mitgliedsorganisationen zum Ziel gesetzt, eine nachhaltige Bauweise zu fördern. Die DGNB sensibilisiert in der Fachöffentlichkeit und der breiten Gesellschaft für die Notwendigkeit und die Chancen einer nachhaltigen Bauweise.

Der Living Showroom der DGNB in Stuttgart (Copyright: swencarlin.com)

Ein wesentliches Element der Arbeit des Vereins lag in der Entwicklung eines Zertifizierungssystems für nachhaltige Gebäude und Quartiere. Ein praktisches Planungs- und Optimierungstool, das über eine Vielzahl von Kriterien die Basis legt für ein gemeinsames Verständnis über die wichtigsten Stellschrauben im nachhaltigen Bauen – und das bei allen am Bau Beteiligten. Gewissermaßen der Gegenentwurf zur Beliebigkeit hinter dem Begriff der Nachhaltigkeit.

In den letzten zehn Jahren hat sich das DGNB System weltweit als geeignetes Werkzeug für die Planung, den Bau und den Betrieb von Gebäude- und Quartiersprojekten aller Art etabliert. Weit über 2.000 Auszeichnungen in Platin, Gold oder Silber konnte die DGNB bereits in mehr als 20 Ländern vergeben.

Ökologie + Ökonomie + Soziales

Von der DGNB zertifizierte Projekte erhalten eine Auszeichnung in Platin, Gold oder Silber (Copyright: DGNB)

Alle zertifizierten Projekte zeichnen sich dadurch aus, dass sie die vielfältigen Aspekte des nachhaltigen Bauens auf ganzheitliche Weise adressieren. Dazu gehören ökologische Themen wie ein geringer CO2-Fußabdruck, die Vermeidung von Schad- und Risikostoffen oder eine verantwortungsbewusste Ressourcengewinnung. Auch ökonomische Kriterien wie geringe Kosten über den gesamten Lebenszyklus oder eine hohe Flexibilität und Umnutzungsfähigkeit spielen hierbei eine Rolle.

Auch der Mensch als Gebäudenutzer steht bei einer Vielzahl von Kriterien innerhalb der DGNB Zertifizierung im Mittelpunkt – sei es bei den Fragen nach dem thermischen, akustischen oder visuellen Komfort oder den Aufenthaltsqualitäten im Innen- und Außenbereich. Eine gute Innenraumluftqualität sowie die Barrierefreiheit des Baus sind sogar K.o.-Kriterien bei der Zertifizierung.

Hinzu kommen eher technische Themen wir die Rückbaubarkeit und Recyclingfähigkeit der eingesetzten Materialien sowie die Reinigungs- und Instandhaltungsfreundlichkeit des Baukörpers. Zudem werden Prozessthemen bei der DGNB mit in die Bewertung integriert. Beispiele hierfür sind die Sicherung der Nachhaltigkeitsaspekte in Ausschreibung und Vergabe, die Qualitätssicherung bei der Bauausführung sowie eine geordnete Inbetriebnahme.

Die DGNB verfolgt bei der Bewertung des nachhaltigen Bauens einen ganzheitlichen Ansatz (Copyright: DGNB)

Kontinuierliche Weiterentwicklung des Zertifizierungssystems

Eine Besonderheit beim Thema Nachhaltigkeit ist, dass es sich kontinuierlich weiterentwickelt, etwa durch neue technologische Möglichkeiten, aber auch durch ein sich wandelndes gesellschaftliches Verständnis für die dringendsten Herausforderungen unserer Zeit. Der Klimawandel erfordert von uns ein grundlegendes Umdenken und vor allem Handeln. Und auch die zunehmende Ressourcenknappheit sorgt dafür, dass wir neue Konzepte im Umgang mit den eingesetzten Materialien und Produkten benötigen.

Aus diesem Grund ist auch das DGNB Zertifizierungssystem kein starres. Es wird fortlaufend überarbeitet und optimiert. So sind in der neuesten Version beispielsweise Themen wie Biodiversität als Kriterien mit aufgenommen worden. Auch werden die Ziel- und Grenzwerte, wo sinnvoll, angepasst, um Bauherren zusätzliche Anreize zu geben, mehr zu machen in puncto Nachhaltigkeit.

Denn bei allem darf man nicht vergessen, dass Gebäude, anders als andere Güter, eine enorm lange Lebensdauer haben. Heißt: Die Art, wie wir heute bauen, bestimmt die Art, wie wir auch in 30 Jahren noch leben werden. Wir geben heute den Städten von morgen ihr Gesicht. Und wir setzen damit die Rahmenbedingungen für ein lebenswertes Wohnen und Arbeiten für uns und unsere Kinder – und das darf in der heutigen Zeit nicht mehr auf Kosten der Umwelt erfolgen.

 

Im Rahmen eines Vortrags auf der Green World Tour in Stuttgart wird Herr Dr. Stephan Anders von der DGNB weiterführende Informationen zum Thema nachhaltiger Hausbau geben und gerne Ihre Fragen rund um das DGNB System beantworten.